Die Musik im Mittelalter wird in drei Epochen unterteilt:
1. die Zeit der Gregorianik bis etwa 1100
2. die Musik des 12. und 13. Jahrhunderts, auch „Notre-Dame-Schule“ genannt und
3. die Musik von 1300 bis 1450, auch als „Ars Nova“ oder „Trecento“ bezeichnet.
Die Gregorianik, benannt nach Papst Gregor I. (er starb schon 604, war aber der Verfasser des Chorals und deswegen benannte man diese Zeit nach ihm), zeichnet sich vorwiegend durch einstimmige - es singen zwar viele Sänger, man hört aber nur eine Stimme - und unbegleitete Kirchengesänge für die Römisch-Katholische Kirche aus.
Der Erste, der den Versuch unternahm, Regeln für mehr- stimmiges Singen festzulegen, war Hucbald von Saint-Amand.
Er selber war begeistert von diesem „lieblichen Zusammenklingen“, hatte im Grunde aber nur eine sehr simple Mehrstimmigkeit festgelegt.
Unter Kaiser Karl dem Großen wurde erstmals daran gearbeitet, eine Notenschrift zu entwickeln, die es möglich machte, in verschiedenen Landesteilen die gleiche Musik in der Kirche zu spielen. Dies war wichtig, weil die Kirchen das soziale Zentrum der Dörfer waren. Die Menschen kamen am Sonntag zum Gottesdienst und das war die perfekte Gelegenheit, um ihnen zu erklären, was gut und was böse war. Es entstand die sogenannte „Liturgie“, die die Reihenfolge festlegte, wann welches Gebet und welche Lesung oder welcher Gesang stattfinden sollte.
Um die Lieder weitergeben zu können mussten sie irgendwie aufgeschrieben werden. Es dauerte einige Zeit, bis der Benediktinermönch Guidovon Arezzo im 11. Jahrhundert auf die Idee kam, Linien zu zeichnen und so die Tonhöhe anzugeben. Er gab den Noten auch Namen, die noch heute, beispielsweise in Frankreich, in Verwendung sind: do, re, mi, fa, so, la, ti.
Ab dem 12. Jahrhundert kamen zu einer Stimme noch eine oder mehrere hinzu. Wichtige Vertreter der sogenannten „Notre-Dame-Schule“ waren Léonin oder Pérotin. Da es weit einfacher war, nur eine Stimme zu leiten, musste man Regeln und einen Rhythmus für die mehrstimmigen Stücke festlegen. Es entstanden die Notenwerte und die Pause, die entscheiden, wie lange eine Note dauern soll.
Die Regeln für die Dauer von Noten und Pausen wurden zuerst von Franco von Köln Ende des 13. Jahrhunderts festgelegt. Franco von Köln ging von zwei Notenwerten aus, die er "Longa" (lange) und "Brevis" (kurz) nannte. Später kamen noch weitere Notenwerte dazu, die "doppelte Longa" und die "halbe Brevis".
All diese musikwissenschaftlichen Erkenntnisse fanden vorwiegend an den mittelalterlichen Höfen Verwendung. An denselben Höfen fand auch der Minnegesang statt. Die Minnesänger, im Französischen auch „Trobadors“ oder "Trouvères" genannt, besangen schöne Frauen und ihre Liebe zu diesen und sie unterhielten Menschen bei Feiern mit Liedern über Kriege oder Heldentaten. Durch die höfische Musik wurden auch Kaufleute und Handwerker dazu angeregt, Instrumente zu spielen und zur Musik zu tanzen. Es entwickelten sich Schulen der Meistersinger und des Volksgesanges.
Der bei uns wohl berühmteste Minnesänger war Walther von der Vogelweide. Er schrieb über 90 Minnelieder. Eines davon, „Unter den linden“, besingt die Liebe eines einfachen Mädchens zu einem Manne bei Hofe. Das war für die damalige Zeit ungewöhnlich, da meistens die besungenen Lieder von einem einfachen Mann und seiner Liebe zu einer höfischen Dame handelten.
Unter den linden
an der heide,
da unser zweier bette was,
da muget ir vinden
schone beide
gebrochen bluomen unde gras.
Vor dem walde in einem tal,
tandaradei,
schone sanc diu nahtegal.
Unter der Linde
an der Heide,
wo unser beider Bett war,
dort könnt ihr
sorgsam gepflückte
Blumen und Gras sehen.
In einem Tal am Waldesrand,
tandaradei,
sang die Nachtigall lieblich.
Musikalische Vertreter der Notre-Dame-Schule:
Léonin, Pérotin, Walther von der Vogelweide, Oswald von Wolkenstein, Guillaume de Machaut
Unter Guillaume Dufay entwickelte sich Ende des 14. Jahrhundert in der „Ars Nova“ oder „Trecento“ die Musik noch weiter. Volkstümliche Melodien wurden in Messen, Motetten und anderen Kirchenstücken verwendet. Guillaume de Machaut verknüpfte verschiedene Kompositionsmittel in seiner „Messe de Nostre Dame“ und ging damit als erster bekannter Komponist in die Musikgeschichte ein.
Die Städte blühten auf und die Menschen begannen, die Musik auch für sich zu entdecken und somit die bisherigen alleinigen Wirkungsstätten, die Klöster, zu entmachten. Man traf sich beim sogenannten „Meistersingen“, wo um die schönsten Lieder gestritten wurde. Richard Wagner hat später dieses Thema in seinen Opern „Die Meistersinger“ oder „Tannhäuser“ verarbeitet.
Da auch der einfache Mensch im Dorfe Musik machte bildete sich nach und nach auch die "Vulgärsprache" heraus. Heute versteht man darunter etwas Abwertendes, damals war es nur die Sprache des Volkes. Vulgärmusik wurde auch zum Inhalt der Messen und andere Kirchenkompositionen gemacht.
Johannes Ockeghem und sein Schüler Josquin des Prés befreiten schließlich die Musik von mühsamen Stimmenkombinationen und ließen dem schöpferischen Geist freien Lauf.
Musikalische Vertreter der Ars Nova / Trecento: Guillaume de Machaut, Philippe de Vitry